Hedda Gabler

Foto: Birgit Hupfeld
von Henrik Ibsen
Deutsch von Angelika Gundlach
Schauspielhaus
Premiere 15. Januar 2022
ca. 1 Stunde 20 Minuten, keine Pause
TEAM
Choreografie: Matija Ferlin
Musik: Bert Wrede
Sounddesign: Christoph Mateka
BESETZUNG
Torsten Flassig (Jørgen Tesman)
Anna Kubin (Hedda Tesman)
Katharina Linder (Fräulein Juliane Tesman)
Peter Schröder (Gerichtsrat Brack)
Tanja Merlin Graf (Frau Elvsted)
Andreas Vögler (Ejlert Løvborg)
INHALT
Hedda hat von ihrem Vater, dem General Gabler, eine Waffensammlung geerbt. Wenn ihr langweilig ist, macht sie Schießübungen. Mit scharfer Munition. Und langweilig ist ihr nicht eben selten: Ihr frischgebackener Gatte Jørgen Tesman hat sich als veritabler Spießer entpuppt, und seine omnipräsente Tante macht die Sache nicht besser. Wenigstens steht Tesman eine wohldotierte Professur in Aussicht. Doch dann taucht Ejlert Løvborg in der Stadt auf, Tesmans alter Freund, Rivale und Kollege, diesem an Brillanz deutlich überlegen. Ejlert und Hedda haben eine gemeinsame Vergangenheit. Heute ist Ejlert jedoch ein neuer Mensch – dank Frau Elvstedt, seiner ergebenen Freundin, Muse und Mitarbeiterin. Alte Wunden brechen wieder auf. Alte Leidenschaften entflammen aufs Neue. Rivalitäten, Hass, Liebe brodeln unter den Oberflächen. Langweilig ist Hedda gar nicht mehr. Doch die Pistolen bleiben in Reichweite.
Gefördert vom Patronatsverein.
PRESSESTIMMEN
»Koleżnik und ihre Spieler:innen schaffen differenzierte Psychogramme, eine hohe Nähe trotz Plexiglas-Distanz. […] Ein kurzwelig, kluger Theaterabend«
Theater heute, April 2022
»Es ist das Unausgesprochene, Unvollendete, das dieses Stück bestimmt. Und hier ist es auch das Unsichtbare im sonst Sichtbaren. Mateja Koležnik lässt Anna Kubin als Hedda, Tanja Merlin Graf als Thea, Katharina Linder als Tante Juliane, Thorsten Flassig als Jørgen Tesmann, Peter Schröder als Geheimrat Brack und Andreas Vögler als Ejlert Løvborg so spielen, als gäbe es die Zuschauer nicht. Gegen Ende möbliert sie das Glashaus, die Gegenstände verdecken die Personen. Das macht noch neugieriger auf das, was dahinter vorgeht. Das ist ziemlich reizvoll, weil sich viel im eigenen Kopf abspielt, sich die Figuren dort auch zu einer Biografie formen müssen, animiert von einem pulsierenden, sirrenden Klangteppich.«
Strandgut, Februar 2022
»Anna Kubin spielt diese Hedda ganz großartig. Sie ist wirklich eine Erscheinung mit zurückgegeltem, langem blondem Haar. Immer wenn sie kommt, legt sie einen Auftritt hin, egal ob sie jetzt einen braunen Bademantel trägt oder einen blauen schimmernden Jumpsuit. […]
Ich finde, dass die Regisseurin den Figuren so ein bisschen was von ihrer Zugespitztheit, die sie ja bei Ibsen durchaus auch haben, genommen hat und sie ein bisschen realistischer, facettenreicher interpretiert hat. Wir hatten ja diese Spielzeit schon eine Premiere von Mateja Koležnik, nämlich „Yvonne, die Burgunderprinzessin“ […], und da ist jetzt Hedda ein ganz starker Kontrast von der Regiesprache her, ein sehr realistisches, präzises Stück, das versucht, ganz nah bei den Figuren zu sein und deren Motive ganz fein zu verfolgen.
[Mateja Koležnik] hat das Stück ganz stark gestrafft auf nur 80 Minuten, da ist von Langeweile überhaupt keine Spur, sondern ständig schneien neue Gäste herein. Der Ministerialrat Brack beispielsweise oder Heddas ehemaliger Geliebter Løvborg, und sie stolpert sofort von einer Intrige in die nächste, improvisiert ständig, um den Situationen etwas Nervenkitzel abzuringen, um zu gucken, wie sie Macht ausüben kann, wenn schon nicht über ihr eigenes Leben, dann wenigstens über das Leben der anderen. Allerdings scheitert sie bald auch als Puppet Masterin grandios, nicht nur als Ehefrau, sondern auch als Intrigantin und das ist tatsächlich ziemlich kurzweilig und spannend, ihr dabei zuzusehen.«
hr2 Frühkritik, 18. Januar 2022
»Das Faszinosum des Abends jedoch ist Anna Kubin in der Titelrolle. Sie trägt dunkles Kostüm oder elegantes, schulterfrei seidenblaues Abendkleid, das im Zwielicht schimmert wie das blonde Haar und die weiße Haut. Alles an dieser Hedda scheint Oberfläche. Hätte sie einen Charakter, wäre sie vielleicht abgründig böse. So ist sie zu andern nur etwas gemein, zerstörerisch mehr aus Versehen und Unaufmerksamkeit. Sie schwebt durch den düsteren Glascontainer, damit das Licht schöne Reflexe werfen kann. Manchmal verschenkt sie eine flüchtige Zärtlichkeit, einen müßigen, schmerzlosen Blick, eine elegische Gebärde, hinter der vermutlich gar nichts steckt. Es ist, als sei sie nur eine Hülle um ein banales Luxus-Nichts, eine Schönheit mit einer von Monotonie und trägem Überdruss wattierten Seele. Alles wirkt beiläufig, indifferent, matt - ein Leben in der Haltung des Als-ob: glamourös, doch trist, traurig, tot.
Bert Wredes Musik verstärkt die gespenstische Atmosphäre diffuser Schwermut, in die die Szenen getaucht sind. Zerschnitten wird sie nur von der fiesen Stimme Peter Schröders, der den Ministerialrat Brack gibt. Sie klingt wie die eines wirklich Bösen: Verächtlichen Zynismus für dieses fade Existieren lässt Schröder darin mitschwingen – zum Fürchten und Zittern fast. Dann kracht der Schuss. Man schreckt hoch wie aus einem unheimlichen, fesselnden, gar faszinierenden Traum.«
Frankfurter Neue Presse, 18. Januar 2022
»Bert Wrede orchestriert ihre schwierige Gefühlslagen mit mal sirrenden, mal pochenden, mal nagenden Tonfolgen. Peter Schröder steht ihr als knarzend zuhältermäßiger Ministerialrat Brack zur Seite und Andreas Vögler als cooler Hund Ejlert Løvborg. Meist vollzieht sich ihr Spiel im Halbdunkeln, das einfallende Licht blitzt kalt. Oft hört man die Figuren auch nur, sieht sie nicht, was die Spannung erhöht. Aus all dem ergibt sich ein kurzer knackiger Ibsen-Abend.«
Nachtkritik, 16. Januar 2022
»Anna Kubin gibt Hedda voller Anmut, als desillusionierte Frau, die in ihrer Ehe, in der Gesellschaft ganz allgemein, gefangen ist, weil sie die ihr zugewiesene Aufgabe nicht erfüllen kann und will und weil sie keinen Sinn in ihrem Leben erkennt. Torsten Flassigs Jørgen, der Ehemann von Hedda, wirkt besonnen und sympathisch. Dessen Tante, Fräulein Juliane Tesman, gibt Katharina Linder mit viel Würde. Sehr gefasst ist die Frau Elvsted der Tanja Merlin Graf. Ebenso gefasst ist hier die tragische Figur des rückfällig werdenden und haltlosen Ejlert Løvborg des Andreas Vögler. Peter Schröder fasziniert als windiger Gerichtsrat Brack.«

kulturfreak.de, 16. Januar 2022
Foto: Birgit Hupfeld
Liebe? Sie sind gut.
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