Der diskrete Charme der Bourgeoisie
nach Luis Buñuel
Für die Bühne bearbeitet von PeterLicht und SE Struck
Schauspielhaus
Uraufführung 12. März 2022
ca. 2 Stunden, keine Pause
TEAM
Regie: Claudia Bauer
Bühne: Andreas Auerbach
Kostüme: Vanessa Rust
Musik: Peer Baierlein
Video: Jan Isaak Voges
Mitarbeit Video: Rebekka Waitz
Dramaturgie: Katja Herlemann
Licht: Marcel Heyde
BESETZUNG
Anna Kubin (Lizzy)
Sebastian Kuschmann (Don Raffi)
Katharina Linder (Flori)
Fridolin Sandmeyer (Atmò, Einsatzleiter)
Lotte Schubert (Moni)
Mark Tumba (Franky)
Andreas Vögler (Henri)
Philipp Alexej Voigtländer (Tatti, Polizist)
Benjamin Lüdtke, Rebekka Waitz (Live-Kamera)
Janine Kaiser, Antonia Kruschel, Karina Salmen, Steven Marc Fischer, Daniel Hartlaub, Ruben Hausmann (Statisterie)
INHALT
Einige lässig elegante und kultiviert gelangweilte Angehörige des Bürgertums laden sich gegenseitig zum Essen ein – und ständig kommen ihnen die merkwürdigsten Vorfälle dazwischen. Sie wahren indes stets die Contenance, sei es angesichts eines Truppenmanövers, der Verhaftung wegen ihrer Drogengeschäfte oder wenn die Gastgeber vor dem Dinner Sex im Gebüsch haben. Allerdings häufen sich in Luis Buñuels Oscar-prämiertem Film von 1972 zusehends die Seltsamkeiten und etwas makabren Zufälle, bis die Dramaturgie zum Traumspiegelkabinett wird und die Realität als Referenzpunkt nicht mehr greifbar ist. In ihren Träumen grinst die Bourgeoisie in vielfacher Gestalt der Tod an, ihre Dekadenz, ihre eigene überfällige Liquidation. Regisseurin Claudia Bauer setzt mit dieser Arbeit ihre langjährige Zusammenarbeit mit dem Musiker und Autor PeterLicht fort. Er überführt Buñuels surrealistische Traumordnung in eine heutige urbane Middleclass-Bubble mit hohem Wiedererkennungswert.
Haben Sie irgendeinen Wunsch?
Claudia Bauer hat sichtlich Spaß daran, den Schauspielern unter ihren 80er-Jahre-Betonföhnfrisuren ein gut gelauntes Dauergrinsen zu verordnen und sie in ätzend gemusterte Frohsinnskleidung zu stecken. Statt diskretem Charme versprühen sie dümmlichste Mediengeilheit und kapitalistische Kaufsucht, wobei jede ihrer stets banalen Wokeness-Floskeln erbarmungslos von zwei Live-Kameras gefilmt und dann auf die Außenwände des bühnenbreiten Wohncontainers übertragen wird. […] Anna Kubin als gastgebende Kochkreis-Schickse Lizzy kann nicht nur hochnervös mit den Augen dauerklappern, sondern läuft auch beim durchchoreografierten zitternden Seegras-Sex mit Ehemann Henri alias Andreas Vögler zu Höchstformen auf. Sebastian Kuschmanns mysteriöser Raffi Al Akosdi mimt den stets wonnig gelaunten Kulturatlaché des korrupten Wüstenlandes "Duran", dem politischer Dauerstress mit investigativen Kinderreporten droht, während die hochkieksige Katharina Linder als Flori mit den Löchern in ihrer Darmflora ebenso zu kämpfen hat wie mit der Reduzierung ihres Luxuslebens auf "ganz einfache Sachen". Unerreicht agiert Fridolin Sandmeyer in pittoresker Mehrfachbesetzung: Als bauernschlauer Kommissar Delecluze, als unberechenbar nervöser Colonel Piéplu und in der tanzenden Revue des Garçons, der seinen Gästen außer Leitungswasser nichts anzubieten hat. Lotte Schuberts Moni und Mark Tumbas Franky geben dem beständigen „I like", „freu freu", „I love it“ erst den selbstgerechten Esoterik-Touch mit hohem Wiedererkennungswert, während sich Schauspielstudiosus Philipp Alexej Voigtländer vor allem als Putzfrau Tatti hervortut, die es zur Erheiterung der Abgehobenen einfach nicht schafft, Gin mit Gurke so zu genießen, wie es hier zum guten Ton gehört: mit Achtsamkeit. Da kann man nichts machen, manche sind eben gleicher als andere.«