Unheim
Text und Regie: Wilke Weermann
Auftragswerk des Schauspiel Frankfurt
Kammerspiele
Uraufführung 29. Oktober 2022
ca. 90 Minuten, keine Pause
TEAM
Regie: Wilke Weermann
Bühne und Kostüme: Johanna Stenzel
Komposition und Sounddesign: Constantin John
Pixel Art: Sophie Alicia Herrmann
Dramaturgie: Alexander Leiffheidt
Licht: Johannes Richter
BESETZUNG
Tanja Merlin Graf (Ira)
Lea Beie (Edna / Séverine / heimgesuchte Frau)
Torsten Flassig (Thees / Hifi-Verkäufer)
Michael Schütz (Tomasz / Vater des Hifi-Verkäufers)
Wolfgang Vogler (Sven / Dr. Tim Rosnau)
INHALT
Ira ist Ermittlerin für anormale Phänomene. Doch das Geschäft läuft miserabel. Denn Ira ist bio, und bio ist out: Anders als die meisten Menschen ihrer Welt trägt sie noch keine Implantate, die reale Wahrnehmungen mit virtuell erzeugten Wirklichkeiten überschreiben können. Auch in den Datenspeichern dieser alternativen Realitäten hinterlassen Verstorbene Spuren. Solche unheimlichen Vorkommnisse plagen die Bewohner des Prestigeprojektes »Arcadia«, in dem mehrere Mieter zugleich denselben realen Raum bewohnen, sich in ihren luxuriös ausgestatteten virtuellen Apartments aber niemals begegnen. Ira gibt ihre Vorbehalte auf, unterzieht sich der Implantation und beginnt, in »Arcadia« zu ermitteln. Aber irgendetwas stimmt nicht mit den Bewohnern. Irgendetwas stimmt ganz grundsätzlich nicht.
Wilke Weermann spielt mit den dystopischen Zukunftsentwürfen der Unterhaltungsmedien und den Topoi der schwarzen Romantik. Dahinter steckt zentral eine drängende Frage: Was geht verloren in einer Welt, in der scheinbar alles immer nur besser wird? Mit dieser Arbeit stellt sich der junge Regisseur und Autor in Frankfurt vor.
Wilke Weermann spielt mit den dystopischen Zukunftsentwürfen der Unterhaltungsmedien und den Topoi der schwarzen Romantik. Dahinter steckt zentral eine drängende Frage: Was geht verloren in einer Welt, in der scheinbar alles immer nur besser wird? Mit dieser Arbeit stellt sich der junge Regisseur und Autor in Frankfurt vor.
INHALTSWARNUNGEN
Einige unserer Inszenierungen enthalten potenziell sensible Inhalte, die bei manchen Menschen starke negative Emotionen auslösen oder (re-)traumatisierende Erinnerungen hervorrufen können. Wenn Sie zu bestimmten Themen vorab Informationen benötigen, melden Sie sich gern bei der/dem für diese Inszenierung zuständigen Dramaturg:in unter alexander.leiffheidt@buehnen-frankfurt.de.
PRESSESTIMMEN
»Für Wilke Weermanns „Unheim“ hat Ausstatterin Johanna Stenzel die Figuren in den zweidimensionalen Raum gepresst, so opulent wie flach nun die Papierfrisuren, sämtliche Konturen dick umrandet wie im Comic oder im Computerspiel. Genau darum geht es hier auch. […] Im Zentrum ein klassisches Gespensterhaus, in dem es einige reiche Einzelgänger praktisch finden, mit anderen Personen verschiedene virtuelle Ebenen derselben Villenanlage zu bewohnen. Erst als sich merkwürdige weitere Anwesenheiten bemerkbar machen, wird die Geisterjägerin Ira engagiert. Gut ausgehen wird das nicht, aber bis dahin hat man das Vergnügen mit Figuren, die sich ausgetüftelt wie die Männlein im Computerspiel bewegen und wie die Menschen einer uns noch unbekannten, wenngleich nicht fernen Zukunft. Trotzdem sind sie vertraut: Tanja Merlin Graf ist die schüchterne, vernünftige Ira, Lea Beie, Torsten Flassig, Michael Schütz und Wolfgang Vogler sind Iras Schwester, die Bewohner der Villa und andere. Alle still, scheu und pragmatisch, wie man sich die Zukunft von Norddeutschland aus wohl vorstellen mag. […] Neben Sophie A. Herrmanns dezenter „Pixel-Art“ sorgen Weermann und Johanna Stenzel dafür, dass auch oder erst recht im Datenzeitalter die klassischen Mittel des Theaters zum Einsatz kommen: Man sieht, wie die Schneeberieselung arbeitet, die pixelige Kulisse ist eine Laubsägearbeit. Das Theater, sagen wir es so, wehrt sich gegen seine Abschaffung zugunsten virtueller Räume, indem es sie clever nachstellt.«
Frankfurter Rundschau, 31. Oktober 2022
»„Unheim“, das neue Stück (und Auftragswerk) von Wilke Weermann, trägt den Untertitel „Eine virtuelle Spukgeschichte“ und vereint auf geschickte Weise Science Fiction und Dystopie, Horror und schwarze Romantik. Jenseits aller visionären Fiktionalität erzählt das Stück sehr viel über gegenwärtige Ängste unserer Gesellschaft. Mit einer durchaus poetischen Sprache, aber auch klare und schnörkellosen Dialogen hat Wilke Weermann ein Stück der Zeit geschaffen. Die Welt in „Unheim“ lässt Assoziationen an aktuelle Entwicklungen zu, man denke beispielsweise an Marc Zuckerbergs Metaverse. […] Als Regisseur hat Wilke Weermann dem Personal des Stücks beinahe choreografisch einen ungelenken Gang, eine roboterartige Gestik verordnet. Als Autor hat er aber durchaus individuelle Charaktere entworfen, ohne sich im psychologischen Klein-Klein der Figurengestaltung zu verheddern: Da ist allen voran die sensible, vergleichsweise menschliche Ira, wunderbar bedächtig gespielt von Tanja Merlin Graf. Lea Baie spielt sowohl als Iras Schwester Edna als auch Séverine präzise, Wolfgang Vogler verleiht sowohl Dr. Timo Rosnau als auch dem unterschwellig aggressiven Arcadia-Bewohner Sven ein Stück klare Bosheit. Und Michael Schütz gibt den selbstgerechten Tomasz herrlich prahlerisch. Er hat zudem eine köstliche Nebenrolle als plumper Vater eines Hi-Fi-Verkäufers, den wiederum Torsten Flassig (genau wie den ängstlichen Thees) mit Sinn für Humor ausspielt. […] „Unheim“ stellt wichtige Fragen unserer Zeit, bietet in Weermanns Uraufführung gleichermaßen geistreiche Denkanstöße wie gute Unterhaltung – und hat durchaus Nachspielpotenzial!«
die-deutsche-buehne.de, 29. Oktober 2022
»Frankfurt „Minecraft“ mit Lust an alten Tricks: Wilke Weermann fragt mit „Unheim“ nach der Seele im System und zeigt, wie man Theater für digitale Adoptivkinder macht. Damit ist vorgegeben, wie Weermann […] das virtuose Erfinden gepixelter Welten im „Minecraft“-Stil in der Inszenierung seines Textes mit dem zusammendenkt, was Theater kann. Denn Weermann traut dem Theater, und er traut ihm viel zu: Heraus kommt ein fabulierfreudiger kurzer Abend, der mit großer Lust Szenen und Begriffe, die zumindest digitale Adoptivkinder wie ihre Westentasche kennen, auf der analogen Bühne vorführt. […] Weermann verknüpft in seiner wilden Story aus Versatzstücken des Zukunftserzählens Klimawandel, Überbevölkerung und Verstädterung mit der Frage, was passiert, wenn wir immer größere Lebensbereiche durch smarte Technologie übernehmen lassen. Wo denn da wohl eine Seele bliebe? Das ist, einerseits, sehr ernst gemeint. Und andererseits entwickelt diese Mischung aus Science-Fiction und Thriller, die stark erzählerisch und mit eingesprochenen Passagen arbeitet, auch ganz theatral und sprachspielerisch das Absurde und Komödiantische, das sich aus einer solchen Zukunftsgeschichte ergeben kann. […] Tanja Merlin Graf als Ira, wie sie da so zart und mutig durch eine befremdliche Welt zieht, hat alle Sympathien auf ihrer Seite. Und auch der durch die technologische Entfremdung verstörte Thees (Torsten Flassig) führt vor, was als düstere Dystopie zu erwarten stünde. Während Iras Schwester Edna (Lea Beie) sich arrangiert hat, Sven (Wolfgang Vogler) sich in einer kalten Wutrede als Misanthrop erweist und Michael Schütz sich und dem Publikum den Spaß macht, den öligen Bonvivant aus der Theaterklamottenkiste zu zaubern. Alles im Grunde eine Liebeserklärung an das Theater: Man wohnt gern anderthalb Stunden lang in diesem „Unheim“.«
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31. Oktober 2022
»Zum einen liegt das an der ästhetischen Frechheit, mit der Weermann Pixel-Art und barocke Szenerie, ägyptischen Cyperlook und LED kreuzt, und an seinen griffigen Texten. So entwickelt Tanja Merlin Graf wie durch Zauberhand als Geisterjägerin Ira mit frisch implantierter VR-Brille die kühle Anmut einer Menschmaschine, während Torsten Flassigs wunderbar vielfältige nervöse Ticks zunehmend ins Roboterhafte abgleiten.«
Frankfurter Neue Presse, 31. Oktober 2022
»Und schon befinden wir uns in einem Thriller, der nicht nur die Grenzen zwischen Illusion und Realität, zwischen Leben und Tod verwischt, sondern auch den Verbleib der Seelen verhandelt. Weermann hat sein Stück im Gamer-Stil inszeniert, auf der meist barock mit faszinierenden Lichtwechseln ausgeleuchteten Guckkastenbühne Johanna Stenzels bewegen sich die comichaft gelbkostümierten Darsteller ruckartig im Stil von animierten Figuren aus der Spielekonsole. Dabei verzaubert uns Tanja Merlin Grafs Ira regelrecht mit ihren Gesten und ihrer Mimik, Torsten Flassig (Thees) voran, verraten auch Lea Beie (Iras Schwester Edna), Michael Schütz (Tomasz) und Wolfgang Vogler (Sven), dass es ziemlich Spaß macht, dieses so klug konzipierte und außergewöhnliche Theaterstück umzusetzen. Ein Heidenspaß für Auge und Ohr […] .«
Strandgut, Dezember 2022
»Denn die Spieler:innen bewegen sich wie Avatare durch diesen Pixeltraum, bei jeder Bewegung sanft ruckelnd, mit comicartigen, gelb-violetten Schaumstofffrisuren ausgestattet und mit ebensolchen Kostümen, die klar auf eine zweidimensionale, frontale Wahrnehmung ausgerichtet sind (Bühne und Kostüme: Johanna Stenzel). […] Es ist witzig und klug geschrieben, fantasievoll und mit großer Lust am vieldimensionalen, körperlichen, analogen Theater inszeniert. Zudem bespielt es elegant das hier vollkommen unterrepräsentierte Genre Science-Fiction und scheut sich nicht, Pop- und Hochkultur fröhlich zu remixen.«
Theater heute, Februar 2023
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