Orestie
von Aischylos
Deutsch von Peter Stein
In einer Bühnenfassung von Jan-Christoph Gockel, Marion Tiedtke und Ensemble
In einer Bühnenfassung von Jan-Christoph Gockel, Marion Tiedtke und Ensemble
Schauspielhaus
Premiere 22. Februar 2020
ca. 3 Stunden 15 Minuten, eine Pause
Aktuell keine Termine.
TEAM
Regie: Jan-Christoph Gockel
Bühne: Julia Kurzweg
Kostüme: Amit Epstein
Puppenbau/-spiel: Michael Pietsch
Musik und Hörspiel: Matthias Grübel
Dramaturgie: Marion Tiedtke
INHALT
Orest flieht und kann doch nicht entkommen: Die Spirale der Gewalt durchzieht das Leben aller – sein Vater hat für den Sieg der Griechen über Troja die Tochter Iphigenie geopfert, seine Mutter hat dafür den Vater ermordet, Orest wiederum seine Mutter getötet und wird gejagt von den Erinyen, die diesen Muttermord gesühnt sehen wollen. Doch wie entkommen, wenn Rache auf Rache sich türmt, wenn aus der einen Schuld die nächste folgt, weil ohne Verschulden kein Handeln möglich ist? In archaischen und mythologischen Bildern beschreibt Aischylos den unaufhörlichen, grausamen Kreislauf des Leidens. Orest weiß keinen Ausweg, als Zuflucht zu den Göttern zu nehmen: Apollon als sein ständiger Begleiter verweist ihn auf die Göttin Athene, die eine bessere Zukunft garantieren soll. Sie appelliert an die Selbstverantwortung der Menschen. Die älteste Trilogie des Abendlandes aus dem Jahr 458 v. Chr. mahnt uns heute, dass wir unsere Eigeninteressen zurückstellen müssen, damit uns eine gemeinsame Rechtsordnung den Frieden garantiert.
PRESSESTIMMEN
»Jan-Christoph Gockel und sein Team haben den antiken Text in seiner Tragweite ernst genommen und eine aufregende Bild- und Klangwelt für ihn gefunden. Die vielen Interpolationen, die An-, Aus- und Umdeutungen geben gewiss kein homogenes Bild, fügen sich aber auf der Bedeutungsebene stringent zusammen. Die Geschmeidigkeit und Vielfalt des Soundtracks von Matthias Grübel, der klare Raum von Julia Kurzweg, die sinnlichen, dem Leben abgelauschten und doch eleganten Kostüme von Amit Epstein schwingen zusammen und folgen der Inszenierungsidee. Der nuancierte, unangestrengte Umgang mit der Sprache prägt sich ein und wirkt nach wie viele überraschende Details, von denen keines überflüssig daher kommt.«
die-deutsche-buehne.de, 22. Februar 2020
»[…] Gockel hat für seine Kritik eine ästhetische Entsprechung gefunden. Und er spricht für die Generation, deren Kinder miterleben könnten, wie sich die Welt durch Klimakatastrophen und Unterdrückung anderer Völker total umwälzt. Seine spielerische Herangehensweise hat sich Gockel beibehalten, und er hat in einem schweren Stoff neue Bilder gefunden für seine Interpretation.«
nachtkritik.de, 22. Februar 2020
»Immer wieder blitzt feiner Humor auf, doch komödiantische Passagen enden niemals im Klamauk. […] Die Puppen spielen im Drama mit, zum Leben erweckt durch den Chor oder durch einzelne Schauspieler. So entstehen immer wieder anrührende und poetische Momente […].«
SWR2 Kultur aktuell, 24. Februar 2020
»Fürs große Frankfurter Schauspielhaus hat nun Jan-Christoph Gockel […] das Stück als Multimediainszenierung zubereitet – teils tief berührend, teils hochinteressant […].Schauspiel, Puppenspiel, Hörspiel, filmisch übertragene Großbildszenen aus dem Hades unter dem Bühnenboden, musikalische Atmosphärenzeichnung und akustisch brachiales Wirkungsgedonner: Jan-Christoph Gockel greift für seine Inszenierung in die Vollen, bleibt seiner Neigung zu mal klug erhellenden Effekten, mal verspielt überschäumender Effekthuberei treu. […] Aber langweilig wird einem kaum, denn sinnlos oder gar dumm ist nichts davon.«
Rhein-Zeitung, 24. Februar 2020
»[…] Puppenspieler- und Erbauer Michael Pietsch [findet] mit seinen Marmor-ähnlichen Figuren […] eine behutsame und doch klare Sprache […] für die Offenlegung der historischen Dimensionen. […] So offenbart die sadistisch kalte Art, mit der Katharina Linder als Klytaimnestra den inneren Faden der Agamemnon-Figur durchschneidet und sie damit zerstört, mehr von ihrem Seelenleben, als es die menschliche Verkörperung allein zu zeigen vermag.«
Frankfurter Neue Presse, 24. Februar 2020
»Pietschs Puppen erlauben es, dass die Figuren sich selber begegnen. Und weil die Schauspieler zugleich der Chor sind und das Gegenspiel von Masse und Individuum in verschiedenen Choreografien ausprobieren, gewinnt der gut dreistündige Abend eine weitere Ebene hinzu. […] Gockel gibt dem Publikum, das begeistert applaudiert, viel zu denken mit. […] Am Ende steht […] eine gehörige Verunsicherung, ob diese Demokratie der Zufriedenen gefeiert werden kann. Einen Ausweg, deutet dieser Abend an, könnte es nur in der Gemeinschaft der bekennend Schuldigen geben.«
Allgemeine Zeitung Mainz, 25. Februar 2020